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Mindestlohn im Berliner Taxigewerbe existiert nur auf dem Papier…

… Behörde enthält ver.di wichtige Informationen vor.

Artikel von Andreas Komrowski unter Mitarbeit von Peter Dinkloh vom April 2016
(Quelle LabourNet Germany: siehe Ende des Beitrags)

Mindestlohn im TaxigewerbeDie Unternehmerverbände des Berliner Taxigewerbes behaupten, die Situation sei schwierig, aber der Mindestlohn würde gezahlt. Nach Auskunft eines Mitglieds der Vertrauensleuteversammlung Taxi bei ver.di stimmt das jedoch  nur auf dem Papier. Immer wieder wenden sich KollegInnen an die Gewerkschaft, um sich nach der Rechtslage zu erkundigen. Die meisten scheuen jedoch den Konflikt, um ihre Arbeitsplätze nicht zu gefährden. Sie beklagen, dass die UnternehmerInnen Arbeitszeiten nach Gutdünken berechnen. Insbesondere Bereitschaftszeiten an den Halteplätzen werden nicht bezahlt.

Die häufigsten Umgehungsmethoden  sind elektronische Taxameter, die nach wenigen Minuten Stillstand des Taxis ohne Fahrgast auf “Pause” schalten, selbst wenn an der Halte vorgerückt wird. Diese Zeiten ohne Fahrgast, die sehr wohl Arbeitszeit sind, werden  nicht bezahlt. Andere Unternehmen legen den KollegInnen  gefälschte Schichtzettel zur Unterschrift vor. Weitere teilen die tatsächlichen  Einnahmen des Fahrers  durch einen fiktiven Umsatz, der pro Stunde hereingefahren werden soll, und “errechnen” so die Stundenanzahl, die sie bezahlen wollen. Wenn in Wirklichkeit länger gearbeitet wurde, gelten die weiteren als “sonstige Arbeitsstunden”, die nicht regulär versicherungspflichtig – wenn überhaupt –  vergütet werden.

Der  Zoll kommt seiner  Aufgabe, die Einhaltung des Mindestlohns zu kontrollieren, nicht nach. Er hat Schwerpunkte in anderen Branchen,  zudem wurden 300 BetrebsprüferInnen vorübergehend zur Ersterfassung von Flüchtlingen versetzt, wie auf einer Veranstaltung des DGB zum Thema Mindestlohn im letzten  September bekannt wurde.

In den meisten Betrieben wird weiterhin nach prozentualer Beteiligung am eigenen Umsatz bezahlt und das Ausfallsrisiko somit auf die ArbeitnehmerInnen abgewälzt. Die Einnahmesituation wurde  nach einer Beförderungstarifanpassung im Sommer vorübergehend besser, aber im November 2015  stieg die Anzahl der Taxen mit 7910 auf ein Allzeithoch, wie in der Anlage zu ersehen ist. Die Einnahmen pro Schicht sinken also wieder.  Der Grund dafür ist, dass die Konzessionszahlen in Berlin freigegeben sind. Für größerere Betriebe ist es ein Leichtes, weitere Taxen auf die Straße zu stellen.

Die  Zahlen der vergebenen Konzessionen sind den Unternehmensverbänden bekannt, wie der Vorsitzende von Taxi Deutschland, Ertan Ucar, uns gegenüber telefonisch bestätigte. Auch wir erhielten sie vom zuständigen Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten (LABO) problemlos. Ver.di als zuständiger Fachgewerkschaft werden sie jedoch trotz Aufforderungsschreiben verweigert!

Durch  die Ungleichbehandlung der Tarifpartner wird die Entwicklung konkreter Forderungen zur Verbesserung der Einkommen und Arbeitsbedingungen, welches die Kernaufgabe von Gewerkschaften berührt, behördlich torpediert.

Höhere Einnahmen würden  zwar nicht automatisch zu höheren Löhnen führen, aber sinkende Einnahmen und mehr Taxen auf den Straßen vergrößern definitiv  den Druck auf die beschäftigten KollegInnen.  Ver.di möchte diesen Prozess stoppen und setzt sich für eine Regulierung der Konzessionszahlen ein.

Die Kenntnis der Gewerbesituation für beide Seiten wäre  zudem essentielle Voraussetzung zur Führung von Tarifverhandlungen.

Daher ist  die Aushändigung aller maßgeblichen Unterlagen über  Konzessionen, also nicht nur Neuanträge, sondern auch  Abmeldungen von Konzessionen  und Bestandszahlen,  an ver.di als zuständiger Fachgewerkschaft deren gutes Recht. Es erscheint mehr als merkwürdig, dass selbst um solche formalen Selbstverständlichkeiten der Mitbestimmung im Taxigewerbe mühsam gerungen werden muss. Der Verdacht, dass Politik und Unternehmensverbände gut damit fahren, dass das Taxigewerbe ein prekärer Bereich ist, wo viel am Gesetz vorbei gemauschelt wird, liegt somit nicht fern.


Mit freundlicher Genehmigung des Kollegen Andreas Komrowski und LabourNet Germany zum Originalbeitrag geht es hier

Mindestlohn und Koalitionsfreiheit hinter Gittern!

MiloimKnast
Arbeit und gewerkschaftliche Organisation unter den Bedingungen des Strafvollzugs

Seitdem sich im Mai 2014 in der JVA Tegel eine Initiative gründete, die als nicht-rechtsfähiger Verein den Anspruch erhebt, jenseits der offiziellen Strukturen der Gefangenen-mitverantwortung (§ 160 StVollzG) als neue Gefangenengewerkschaft die Interessen ihrer Mitglieder in Bezug auf das Arbeitsverhältnis und die Arbeitsbedingungen zu vertreten, kann die Gefangenen-Gewerkschaft als bundesweite Organisation (GG/BO) großen Zulauf verzeichnen. Von den Justizministerien und -behörden fordert sie u.a. die Anerkennung ihrer Tariffähigkeit, die Durchsetzung des gesetzlichen Mindestlohns in den Betrieben der Justizvollzugsanstalten und die Einbeziehung der Gefangenen in die Rentenversicherung. Gegen diese Forderungen haben sich Politiker_innen wie Berlins Innensenator positioniert und bestreiten, dass Gefangene statusrechtlich als Arbeitnehmer_innen gelten können, weil im Vollzug Arbeitszwang bestehe und sie daher kein Lohnarbeitsverhältnis eingegangen seien. Folglich könnten sie sich auch nicht auf die Tariffreiheit berufen und keinen Mindestlohn fordern.

Zudem gibt es direkte Angriffe von der JVA Tegel auf Aktive der GG/BO, wie momentan auf den Rechtssekretär Mehmet Aykol, dem nun plötzlich Vollzugslockerungen vorenthalten werden sollen, da er „sich allgemeinen Projekten [widmete], welche nichts mit seinem individuellen Weiterkommen zu tun hatten (z.B. Mitbegründung einer Gefangenengewerkschaft).“ (wörtlich aus der Fortschreibung seines Vollzugsplans). Dem muss mit Solidarität von Gewerkschaftern und Basisaktivisten begegnet werden, denn ein Angriff auf einen ist ein Angriff auf alle!


Am 12.3. um 18 Uhr in der Rothen Ecke begründet der Journalist Peter Nowak (http://peter-nowak-journalist.de/), der in den letzten Monaten in zahlreichen Zeitungen über die Gründung und Entwicklung der GG/BO publiziert hat, warum die Koalitionsfreiheit ebenso wie der Mindestlohn auch im Gefängnis gelten muss und warum der Kampf darum in einer Zeit, in der die Knastarbeit wachsende Bedeutung bekommen hat, eine allgemein-gewerkschaftliche Forderung sein sollte.


Rothe Ecke e.V.
Naumburgerstr. 20a
34127 Kassel

Der Mindestlohn: Fluch und Segen zugleich

Man kann es gut finden, oder auch nicht, aber ab dem 01.01.2015 gilt der flächendeckende Mindestlohn. Dieser ist festgeschrieben im Mindestlohngesetz (MiLoG).

mindestlohn
(gefunden auf der Website der IWW Rostock)

Für viele ArbeitnehmerInnen ist die Anhebung des Stundenlohns eine finanzielle Erleichterung. Je nach Branche, oder eben nur nach vertraglicher Vereinbarung, steigt der Lohn von 1€ bis zu 4€/Std. Für viele ArbeitnehmerInnen fällt mit dem Mindestlohn der verhasste Gang zur Agentur für Arbeit weg, um aufstockende Leistung zu beantragen.

8,50€/Std. können nicht darüber hinweg täuschen, dass mit diesem Stundenlohn immer noch die Altersarmut droht! 8,50€/Std. bedeutet immer noch eine finanzielle Situation, mit der sich keine Zukunft langfristig planen lässt.

Während sich angebliche Wirtschaftsweisen und sogenannte Experten noch darüber uneins sind, ob der MiLo gut oder schlecht für die Erhaltung von Arbeitsplätzen ist, haben sich die Unternehmen längst überlegt wie sie den Mindestlohn umgehen können – und das zum Teil mit anwaltlichen Hilfen. Mittlerweile füllen Tipps und Tricks ganze Webseiten, und Foren sind mit Mindestlohnumgehungsgeschwätz vollgeschmiert.

Im Folgenden haben wir ein paar legale und illegale Umgehungspraktiken zusammen getragen, die von Bossen angewendet werden, und die uns als Wobblies begegnen können. Abschließend sei angemerkt, dass dies primär keine Kritik am Mindestlohn sein soll, obwohl es äußerst viel zu kritisieren gibt! Im Vordergrund soll der Informationscharakter stehen um einer Horde Bosse, die bereits seit Monaten gut informiert sind, nicht völlig ahnungslos entgegen zu treten. Die vorliegenden Informationen sind Stand Dezember 2014.

Das MiLoG: Die Ausnahmen

Beginnen wir mit den Löchern im Mindestlohngesetz. Diese Löcher sind so groß, dass fast alle Umgehungspraktiken hindurch passen.

Vom Mindestlohn 8,50€/ Stunde wurden ausgeschlossen:

 – Jugendliche unter 18 Jahre ohne abgeschlossene Berufsausbildung
 – Langzeitarbeitslose in den ersten 6 Monaten der Beschäftigung
    (Überprüfung in 2016)

 – Pflichtpraktika
 – Freiwillige Praktika mit einer Dauer von bis zu 3 Mon. im Rahmen
   einer Ausbildung/ Studium

 – Bis Ende 2016 gelten in Branchen mit länger laufenden
   Tarifverträgen diese auch mit Löhnen unter dem MiLo weiter

 – Freie MitarbeiterInnen
 – Werkverträge

Für SaisonarbeiterInnen in z.B. Gastro oder Landwirtschaft gilt:

 – der MiLo gilt! ABER die Befreiung von der Sozialversicherungspflicht
    wurde von 50 auf 70 Tage erhöht (befristet auf 4 Jahre)

 –  Kost und Logis können leichter verrechnet werden*

ZeitungszustellerInnen:

Die ZeitungszustellerInnen werden stufenweise an den MiLo angepasst.

    ab 2015 bekommen sie 6,38€
    ab 2016 bekommen sie 7,22€
    ab 2018 bekommen sie 8,50€

1 Euro Jobs fallen per Mindestlohngesetz nicht unter die Ausnahmen, bleiben jedoch bestehen.

Grund: Es bestehen keine Arbeitsverträge und somit keine Stundenlöhne. Der obligatorische 1€/ Std. soll eine Aufwandsentschädigung darstellen. Das Wort „Job“ wirkt hier irreführend. Diese sittenwidrig entlohnte Arbeit soll eine Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt darstellen, die obendrein von nicht wenigen Firmen als kostengünstige Alternative zu Hausmeisterservices oder ähnlichen Dienstleistungen missbraucht wird.
Ähnlich verhält es sich mit Häftlingen: Viele von ihnen Arbeiten auch im Knast, werden aber den Mindestlohn nicht erhalten.
Beides muss abgeschafft werden! Arbeit ist Arbeit und muss nach dem Aspekt der Gleichbehandlung auch gleich, also mit mind. 8,50€/ Std, entlohnt werden. Alles andere ist moderne Sklavenhaltung.

Das MiLoG: mögliche Tricks zur Umgehung

Unbezahlte Überstunden:
Auf den „arbeitgeberfreundlichen“ Webseiten werden unbezahlte Überstunden als Maßnahme genannt um den MiLo zu umgehen. So soll die Arbeitszeit verlängert und somit der Stundenlohn gesenkt werden. Dies ist illegal. Jede Arbeitsstunde muss mit 8,50€ vergütet werden oder in Form von Freizeitausgleich gewährt werden.

Des Weiteren besteht laut §17 MiLoG die Aufzeichnungspflicht. Das bedeutet: Der Arbeitgeber muss Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit für alle Beschäftigten in den in § 2a SchwarzArbG genannten Wirtschaftsbereichen bzw. -zweigen und für alle geringfügig Beschäftigten im Sinne des § 8 SGB IV (mit Ausnahme der Beschäftigten in Privathaushalten nach § 8a SGB IV) spätestens bis zum Ablauf des siebten auf den Tag der Arbeitsleistung folgenden Kalendertages aufzeichnen und die Aufzeichnungen wenigstens zwei Jahre – beginnend ab dem für die Aufzeichnung maßgeblichen Zeitpunkt – aufbewahren. Das Kontrollorgan ist in diesem Fall der Zoll.

Ausnahme der Aufzeichnungspflicht/ gelockerte Aufzeichnungspflicht:
Ein Arbeitgeber genügt der Aufzeichnungspflicht, wenn er nur die Dauer der täglichen Arbeitszeit erfasst. Dies gilt für folgende ArbeitnehmerInnen, die für die Zustellung von Briefen, Paketen und Druckerzeugnissen, Abfallsammlung, Straßenreinigung, dem Winterdienst, Gütertransport und der Personenbeförderung zuständig sind.

Freie Mitarbeiter / (Schein)Selbstständige:
Freie MitarbeiterInnen sind vom MiLo ausgeschlossen. Der Einsatz ist für Firmen also ein legaler Weg um den MiLo nicht zahlen zu müssen.
Allerdings muss der/die freie MitarbeiterIn auch eine(r) sein. Das Umwandeln eines bereits bestehenden Arbeitsverhältnisses hin zum freien MitarbeiterIn ist nicht erlaubt.

Werkverträge:
Für Werkverträge gilt grundsätzlich dasselbe wie für freie MitarbeiterInnen. Bei einem Werkvertrag kann es sich um eine freie Mitarbeit handeln. Aber Werkverträge werden auch missbraucht. So werden Scheinwerkverträge mit fest angestellten MitarbeiterInnen geschlossen um niedrigere Löhne zahlen zu können und Sozialabgaben zu sparen.

Dem hat das Bundesarbeitsgericht (BAG, Az.: 10 AZR 282/12) ein Riegel vorgeschoben: Wenn eine Arbeitsleistung über Jahre hinweg vor Ort erbracht wird, dann handelt es sich um eine(n) MitarbeiterIn, nicht aber um einen Werkvertrag. Die Begründung im Urteil lautet, dass „in der Gesamtschau (der Sachlage) die Tätigkeit in persönlicher Abhängigkeit zu werten gewesen sei“. Weiter begründeten die Richter: „Bereits die Gestaltung des Werksvertrags lasse erkennen, dass es nicht um die Herstellung einer Sache oder die Erzielung eines Erfolgs gegangen sei, sondern um die Ausübung einer bestimmten Tätigkeit“.

Des Weiteren gilt im MiLoG §13 Haftung des Auftraggebers

„Ein Unternehmer, der einen anderen Unternehmer mit der Erbringung von Werk- oder Dienstleistungen beauftragt, haftet für die Verpflichtungen dieses Unternehmers, eines Nachunternehmers oder eines von dem Unternehmer oder einem Nachunternehmer beauftragten Verleihers zur Zahlung des Mindestlohns an Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmer nach § 1 Absatz 1 wie ein Bürge, der auf die Einrede der Vorausklage verzichtet hat. Die Haftung nach Satz 1 entfällt, wenn der Unternehmer nachweist, dass er weder positive Kenntnis noch grob fahrlässige Unkenntnis davon hatte, dass der Arbeitgeber seiner Verpflichtung zur Zahlung des Mindestlohns nicht nachkommt.“

Beschäftigung von PraktikantInnen:
Pflichtpraktika und freiwillige Praktika im Rahmen einer Ausbildung/ eines Studium mit einer Dauer von bis zu 3 Monaten sind vom Mindestlohn ausgeschlossen worden. Ein bestehendes Arbeitsverhältnis in ein entsprechendes Praktikumsverhältnis umzuwandeln ist nicht erlaubt.

Herabsenkung der Arbeitszeit:
Das bloße Herabsenken der Arbeitszeit ist an sich erlaubt, WENN

 – der/die MitarbeiterIn zugestimmt hat (Änderungsvereinbarung)
 – die Arbeitszeit wirklich gesenkt wird (sonst siehe Unbezahlte
    Überstunden)

 – der MiLo muss trotz verringerter Arbeitsstunden 8,50€ betragen

Sollte der/die MitarbeiterIn durch die Änderungsvereinbarung dem Herabsenken der Arbeitszeit nicht zustimmen, könnte der Arbeitgeber es erneut mit einer Änderungskündigung versuchen. Die Regelungen zur Änderungskündigung finden sich im Kündigungsschutzgesetz (KSchG). Die Änderungskündigung bedarf einer sozialen Rechtfertigung!

Verzichtserklärung des/der ArbeitnehmerIn
Der Mindestlohn ist unabdingbar. Daher ist eine unterschriebene Verzichtserklärung des/der ArbeitnehmerIn ungültig. Der Arbeitgeber hat 8,50€/ Std. zu zahlen sowie die sozialversicherungspflichtigen Abgaben nachzuzahlen.

§3MiLoG lautet:

 „Vereinbarungen, die den Anspruch auf Mindestlohn unterschreiten oder seine Geltendmachung beschränken oder ausschließen, sind insoweit unwirksam. Die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer kann auf den entstandenen Anspruch nach § 1 Absatz 1 nur durch gerichtlichen Vergleich verzichten; im Übrigen ist ein Verzicht ausgeschlossen. Die Verwirkung des Anspruchs ist ausgeschlossen.“

Vormals MinijobberInnen, zukünftig ArbeitnehmerInnen in der Gleitzone:

 –  auch für MinijobberInnen gilt der Mindestlohn
 –  MinijobberInnen erhalten monatlich max. 450€
 –  brutto = netto
 –  Steuern und Abgaben sind allein vom Arbeitgeber zu tragen
 –  ab 01.01.2015 bei MinijobberInnen zu beachten: Es gilt laut
    MiLoG§17 arbeitgeberseitig die Aufzeichnungspflicht; Beginn, Ende
    und Dauer der täglichen Arbeitszeit müssen erfasst werden.

Das bedeutet:
Für Arbeitgeber könnte es finanziell interessant sein aus einem/r MinijobberIn eine(n) MitarbeiterIn in der Gleitzone zu machen. MitarbeiterInnen in der Gleitzone dürfen max. 850€ verdienen und haben arbeitnehmeranteilige sozialversicherungspflichtige Abgaben. Dies kann zu Ersparnissen auf Seiten des Arbeitgebers führen.
Ob dies ein praktikables Modell wird ist fraglich und muss die Zukunft zeigen. Zum „Problem“ für den Arbeitgeber könnte z.B. der durch die Umwandlung aufgetretene fehlende flexible Einsatz der MitarbeiterInnen werden.

Was ist mit RentnerInnen, die sich etwas zu ihrer Rente dazu verdienen (müssen)?
Der Mindestlohn ist an kein Alter gebunden. Auch RentnerInnen müssen mit 8,50€/ Std. vergütet werden.

Geringere Vergütung des Bereitschaftsdienstes und der Rufbereitschaft:

Definitionen:
Bereitschaftsdienst

 – zählt zur Arbeitszeit (Arbeitszeitgesetz)
 – ArbeitnehmerIn hält sich außerhalb seiner Arbeitszeit an einem vom 
   Arbeitgeber angewiesenen Ort auf um auf Anweisung unverzüglich
   die Tätigkeit aufnehmen zu können ⇒ somit ist der Aufenthalt
   beschränkt mit der Weisung sofort tätig zu werden

Definitionen: Rufbereitschaft

 – zählt nicht zur Arbeitszeit (i.S.d. Arbeitszeitgesetzes)
 – ArbeitnehmerIn muss sich nicht an einem vorbestimmten Ort
   aufhalten

 – ArbeitnehmerIn muss i.d.R. telefonisch erreichbar sein und in einer
   bestimmten Zeit die Tätigkeit aufnehmen

! Es ist wahrscheinlich, dass mit Einführung des Mindestlohns der Bereitschaftsdienst ebenfalls mit mind. 8,50€ bezahlt werden muss – endgültig geklärt ist es nicht.
Noch unklarer ist im Moment die Vergütung der Rufbereitschaft. Da diese nicht mal im Sinne des Arbeitszeitgesetzes ist, ist eine Entlohnung von mind. 8,50€/ Std. unwahrscheinlich.

Wichtig für die Pflegebranche:
Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg hat für die Pflegearbeitsbedingungen­verordnung (PflegeArbbV) entschieden, dass der Bereitschaftsdienst uneingeschränkt mit dem Mindestentgelt zu entlohnen ist.

§2 PflegeArbbV unterscheidet nicht nach Art der Tätigkeit. Somit ist in der Bereitschaftszeit dasselbe Entgelt wie in der Vollarbeitszeit zu zahlen. Dieser Auffassung ist auch das BAG.
Dies kann bis auf weitere Rechtsprechung auch auf den Mindestlohn angewandt werden.
LAG Baden-Württemberg (Urt. v. 28.11.2012 – 4 Sa 48/12)
BAG (Urt. v. 19.11.2014 – 5 AZR 1101/12)

Stücklohn/ Akkordarbeit:
Definitiv regelt das MiLoG die Akkordarbeit bzw. die Vergütung zum Stücklohn nicht.
Der/die ArbeiternehmerIn und der Arbeitgeber können weiterhin fixe und variable Vergütungen vereinbaren. Aber aus §1 MiLoG ergibt sich, dass der/ die ArbeitnehmerIn durch normale Arbeit eine Vergütung von durchschnittlich 8,50€/ Stunde erlangen muss.
Da auch die Akkordarbeit und der Stücklohn nicht unter die Ausnahmen fallen ist davon auszugehen, dass der/die ArbeitnehmerIn Anspruch auf einen Lohn von mind. 8,50€/ Std. hat.

Anrechnung von Sonn- und Feiertagszuschlägen:
Sonn- und Feiertage sind nicht zuschlagspflichtig. Wurde aber in der Vergangenheit regelmäßig ein Zuschlag gezahlt, so dass eine betriebliche Übung entstanden ist, oder besteht eine Vereinbarung, so muss der Zuschlag auch ab dem 01.01.2015 weiter gezahlt werden. Sprich, Stundenlohn von mind. 8,50€ + Zuschlag.

Anrechnung von Nachtzuschlägen:
Das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) sieht für Nachtarbeit ausdrücklich einen finanziellen Zuschlag vor.
Allgemein von 23 – 6 Uhr (§ 6 Abs. 5 ArbZG)
In Bäckereien 22 – 5 Uhr ((§ 2 Abs. 3 ArbZG)

Die Höhe des Zuschlags ist undefiniert und daher von den Arbeitgebern willkürlich wählbar. Das 25% vom Stundenlohn gezahlt werden müssen ist nicht korrekt, sondern nur eine Faustformel.

Anrechnung von Erschwerniszuschlägen:
Auch zu den Erschwerniszuschlägen gibt es keine genaue gesetzliche Definition. Jedoch kann aufgrund des Wesens dieser Zulage davon ausgegangen werden, dass sie nicht an den Mindestlohn angerechnet wird.

Trinkgeld:
Das Trinkgeld ist keine Entlohnung durch den Arbeitgeber. Aufgrund dessen dürfte es keine Anrechnung auf den Mindestlohn finden.

Minderung des Mindestlohns durch steuerfreie Sachbezüge:
Der Arbeitgeber hat das Recht, und hat es auch mit dem MiLoG, dem/ der ArbeitnehmerIn steuer- und abgabenfreie Sachbezüge zu gewährleisten. Die monatliche Obergrenze liegt bei 44€/Monat. Man kennt das durch die Vergabe von Gutscheinen. Diese sind für den Arbeitgeber steuerlich absetzbar. Diese steuer- und abgabenfreien Sachbezüge können an den MiLo angerechnet werden.

Entlohnung schwerbehinderter Menschen und Menschen in Behindertenwerkstätten:
Es ist kaum zu fassen, aber es gibt tatsächlich Arbeitgeber mit der Idee den Mindestlohn unter Einsatz schwerbehinderter Menschen zu umgehen.
Zu vergüten ist: mind. 8,50€/Std – und keinen Cent weniger!
Stand jetzt ist davon auszugehen, dass auch Menschen, die in Behindertenwerkstätten tätig sind, nach dem Mindestlohngesetz vergütet werden müssen. Gesetzlich ungeklärt ist es, wenn eine medizinische und/oder therapeutische Maßnahme im Vordergrund steht. Bitte hierzu §138 SGB IX Abs. 1 bis 3 beachten.

Für uns versteht es sich von selbst – jedoch ist zu befürchten, dass man einigen immer wieder gebetsmühlenartig vorpredigen muss: „Der Mindestlohn muss unabhängig von der Qualifikation, den Sprachkenntnissen, der Herkunft, des Behindertengrades oder sonstigen Merkmalen, gezahlt werden.“

Weitere wichtige Informationen zum Mindestlohn unter:

* http://www.etl-rechtsanwaelte.de/aktuelles/gesetz-zur-staerkung-der-tarifautonomie-mindestlohngesetz-haeufige-fragen-faq

Das MiLoG: Strafen bei Verstößen
Der/die ArbeitnehmerIn kann die Differenz zwischen gezahlten Lohn und Mindestlohn einklagen. Der Arbeitgeber muss die Sozialabgaben nachzahlen. Die Sozialversicherer werden dabei immer vom Mindestlohn ausgehen. Die Bußgelder sind hoch. So können Bußgelder bis zu 500.000€ verhängt werden.
Die Formel zur Berechnung wird wie folgt angegeben: x2 + 30%
Bei nachgewiesenem Vorsatz wird die Summe der Geldbuße verdoppelt. Welche Geldbußen tatsächlich verhängt werden, wird die Zukunft zeigen.

Was ist zu befürchten?
Bereits vor der Einführung des Mindestlohns ist eine Reihe von Fällen bekannt geworden, bei denen versucht wurde, den Mindestlohn zu umgehen. Ob es sich z.B. lohnt den Mindestlohn zu zahlen, dafür aber Sonderzahlungen zu streichen, muss man im Einzelfall durchrechnen.
Der Einsatz von unbezahlten Überstunden ist durchaus zu befürchten. Auch Verstöße gegen die Aufzeichnungspflicht nach §17 MiLoG. Das kann für den Arbeitgeber allerdings teuer werden. Die gerade erst gelockerte Aufzeichnungspflicht lässt nichts Gutes ahnen, vor allem, da sie die ZustellerInnen betrifft. Hier muss nur die Dauer erfasst werden. Wenn die Dauer mit z.B. 4 Stunden angegeben wird, der Einsatz aber 5 Stunden gedauert hat, dann bekommt der/die MitarbeiterIn nur für die angegebene Dauer den Lohn. Das sieht ganz danach aus, als müssten die Gerichte wieder einmal die Fehler der Gesetzgebung korrigieren.
Ebenso denkbar ist der weitere Einsatz von Scheinwerkverträgen, Scheinselbstständigen und LeiharbeiterInnen. Der dauerhafte Einsatz von PflichtpraktikantInnen und/ oder Langzeitarbeitslosen kann sich ein Arbeitgeber nur leisten, wenn a) die Arbeit keine besondere Qualifikation erfordert, b) der Firma der Ruf als Unterwanderer des Mindestlohns egal ist und c) sich die Firma in einer Region befindet, in der eine langfristige Fluktuation verkraftet werden kann.
Es ist allgemein bekannt, dass es an den Kontrollen zur Einhaltung des MiLoG mangeln wird. Hinzu kommt event. die Angst vor dem Arbeitsplatzverlust der MitarbeiterInnen. Dies ergibt eine Kombination, die der Unterwanderung des Mindestlohns die Tore öffnet. Viele Punkte sind im Mindestlohngesetz nicht eindeutig definiert. Hier muss der Gesetzgeber entweder nachbessern, oder es wird vor Gericht entschieden. Es ist denkbar, dass es Arbeitgeber geben wird, die sich diese Lücken nach ihrer eigenen Auffassung und zu Ungunsten des/der ArbeitnehmerIn auslegen bis es eine eindeutige Regelung gibt oder sie erwischt werden.

Quellen:

http://www.etl-rechtsanwaelte.de/stichworte/arbeitsrecht/strategien-zur-umgehung-des-mindestlohngesetzes
http://www.mindest-lohn.org/gesetz/haftung.html
http://www.gesetze-im-internet.de/bundesrecht/milog/gesamt.pdf
http://www.stb-bosbach.net/Aktuelles/Mindestlohn-Aufzeichnungspflichten
http://spendit.de/aktuelles/mindestlohn/

Stand: Dezember 2014