Archiv der Kategorie: Wobblies in Aktion

An die Mitglieder von Ver.di, IGM, IG BCE, NGG … !

cropped-IWW-News2.jpg

An die Mitglieder von Ver.di, IGM, IG BCE,
NGG … Post, Sozial- Erziehungsdienst …

Aufgeben gilt nicht!

Hinein in die IWW – denn da kommt was auf uns zu!

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

viele von euch kennen einzelne Mitglieder der IWW in Kassel und wissen, dass wir dort, wo wir betrieblich arbeiten und kämpfen ein sehr gutes Verhältnis zu den Kolleginnen und Kollegen, die nicht Mitglieder der IWW sind, pflegen. Für uns steht das gemeinsame organisieren von Kämpfen vor der sinnlosen Spaltung in den Betrieben.

Viele von uns sind Doppelmitglieder, das heißt: wir sind sowohl Mitglieder in der IWW als auch in der DGB-Gewerkschaft, die sich an unserem Arbeitsplatz für zuständig erklärt. Deswegen stoßen wir oft auf Unverständnis, wenn wir unser Interesse betonen die IWW aufzubauen. Hierzu würden wir uns gerne erklären und viel mehr mit euch diskutieren!

Wir halten nichts von Spaltungen…
Anhand von unserer Praxis sollte klar sein, dass es uns nicht darum geht zu spalten wo wir können und wie Besserwisser unseren eigeniww_logoen Standpunkt in unseren, bisher bescheidenen, Organisationen zu vertreten. Aber wir haben Großes vor und denken, dass wir speziell mit zwei Vorstellungen, die in den DGB-Gewerkschaften transportiert werden brechen müssen, um der Arbeiterbewegung in Deutschland neuen Schwung und vor allem neue Erfolge zu geben:

1.) Die Lüge, dass Sozialpartnerschaft als für uns nützliches System funktioniert, muss endlich vom Tisch. Wir haben keine gemeinsamen Interessen mit unseren Chefs, ums kurz zu machen: sie wollen für wenig Geld viel von uns, wir wollen viel Geld für möglichst wenig Arbeit.

2.) Gewerkschaft muss vor allem dort „stattfinden“ und leben wo wir arbeiten und nicht in der Verwaltungsstelle. WIR sind Gewerkschaft und der Apparat ist immer nur dann gut für uns, wenn er unseren Bedürfnissen nach Organisierung und Durchsetzungskraft nützt.

… aber wir müssen auf alles vorbereitet sein…
Leider, und dieses „Leider“ meinen wir bitter ernst und nicht ironisch, mussten wir auch 2015 die Erfahrung machen, dass die Kämpfe im Sozial- und Erziehungsdienst, bei der Post, usw. wesentlich erfolgreicher hätten laufen können wenn die gewerkschaftlichen Strukturen „unsere“ gewesen wären. Wir glauben nicht an das von vielen gezeichnete Bild von unfähigen oder böswilligen Gewerkschaftssekretären, die man einfach zum jagen tragen muss, um uns zu mobilisieren. Das Problem sitzt tiefer: wir sind sowohl in der Einschätzung der Situation, als auch in der Entwicklung der praktischen Organisationskraft nicht annähernd auf der Höhe der Zeit, um uns mit unseren Gegnern messen zu können – die sind besser organisiert als je zu vor!

Viele, gerade linke, aktive und kämpferische Freundinnen und Freunde sind deshalb der Meinung, dass man die DGB-Gewerkschaftsapparate „drücken“ muss, sie fordern richtige Dinge vom Apparat – statt sie einfach zu tun!

… und uns auf unsere eigenen Kräfte verlassen können!
Wir sind überzeugter denn je das sich, gerade durch die Erfahrungen der letzten Jahre in denen wir uns als Klasse wieder beginnen zu regen, deutlich wird, dass wir uns unsere eigenen, selbstorganisierten Strukturen aufbauen müssen.

Im entscheidenden Momenten muss das Steuer in unserer Hand liegen und wir nicht abhängig sein von dem Willen oder den Kapazitäten eines Apparats, der gar nicht mehr auf die Entwicklung des Klassenkampfs in Deutschland eingestellt ist. Organisiert zu sein, sowohl gegenüber unseren Chefs, aber eben auch innerhalb der Gewerkschaften ist heute unerlässlich. Wenn irgendwann dabei neue, eigene Gewerkschaften entstehen, haben wir nichts dagegen und stehen bereit – wenn das dadurch nicht nötig sein wird – umso besser!

Aufgeben gilt nicht!

Oft habencat_direct-action-gets-the-goods_sw01 wir dieses Jahr gehört, dass Kolleginnen und Kollegen, die in einem der Streikkämpfe aktiv waren, nur warten bis das Jahr rum ist und sie nicht mehr das Streikgeld zurück zahlen müssen, um dann ihren Austritt aus der Gewerkschaft zu erklären. Einige haben ihre vordatierten Briefe dazu schon im Spind oder im Büro hängen. Das kann keine Lösung sein, denn einfach aufgeben führt nur dazu, dass unser gemeinsamer Gegner nur noch stärker wird, gebt ihr auf hat das nicht nur Folgen für euch. Es bringt aber auch nichts sie einfach nur in der Gewerkschaft zu halten ohne einen Ausblick zu geben, wie wir die nächsten Kämpfe besser führen können und wenn nötig auch in der Gewerkschaft Druck aufbauen. Diesen enttäuschten Kolleginnen und Kollegen bieten wir gerne eine neue Heimat, um mit uns neue, selbstverwaltete Gewerkschaftsstrukturen aufzubauen. Der Weg der vor uns liegt ist steinig, aber er wird nicht einfacher wenn wir ihn alleine gehen, es gibt keine Alternative zum organisieren und kämpfen!

Wir rufen euch daher auf euch mit uns gemeinsam in der IWW zu organisieren – nicht nur statt in den DGB-Gewerkschaften sondern parallel! Das kostet relativ wenig (6 Euro Monatsbeitrag, 3 Euro ermäßigter Beitrag für Geringverdiener) und wir haben gelernt wie wichtig es ist effektiv zu arbeiten. Aktive und ihre Kolleginnen und Kollegen brauchen nicht noch mehr Arbeit und unnötige Termine, sondern die Dinge die wir anpacken müssen mit niedrigst-möglichen Kräfteverlusten erledigt werden. Gerade weil wir auf den Aufbau von „unten“ also aus den Betrieben und Branchen setzen, halten wir die bürokratische Arbeit in der Gewerkschaft auf einem absoluten Mindestmaß. Dabei suchen und finden immer neue Wege die Demokratie dabei nicht auszuschalten.

Also: Kommt zusammen, werdet Mitglied, bleibt aktiv und lasst uns zusammen weiter lernen und unsere Stärke fühlen!

NIEMALS AUFGEBEN!!!

Der Mindestlohn: Fluch und Segen zugleich

Man kann es gut finden, oder auch nicht, aber ab dem 01.01.2015 gilt der flächendeckende Mindestlohn. Dieser ist festgeschrieben im Mindestlohngesetz (MiLoG).

mindestlohn
(gefunden auf der Website der IWW Rostock)

Für viele ArbeitnehmerInnen ist die Anhebung des Stundenlohns eine finanzielle Erleichterung. Je nach Branche, oder eben nur nach vertraglicher Vereinbarung, steigt der Lohn von 1€ bis zu 4€/Std. Für viele ArbeitnehmerInnen fällt mit dem Mindestlohn der verhasste Gang zur Agentur für Arbeit weg, um aufstockende Leistung zu beantragen.

8,50€/Std. können nicht darüber hinweg täuschen, dass mit diesem Stundenlohn immer noch die Altersarmut droht! 8,50€/Std. bedeutet immer noch eine finanzielle Situation, mit der sich keine Zukunft langfristig planen lässt.

Während sich angebliche Wirtschaftsweisen und sogenannte Experten noch darüber uneins sind, ob der MiLo gut oder schlecht für die Erhaltung von Arbeitsplätzen ist, haben sich die Unternehmen längst überlegt wie sie den Mindestlohn umgehen können – und das zum Teil mit anwaltlichen Hilfen. Mittlerweile füllen Tipps und Tricks ganze Webseiten, und Foren sind mit Mindestlohnumgehungsgeschwätz vollgeschmiert.

Im Folgenden haben wir ein paar legale und illegale Umgehungspraktiken zusammen getragen, die von Bossen angewendet werden, und die uns als Wobblies begegnen können. Abschließend sei angemerkt, dass dies primär keine Kritik am Mindestlohn sein soll, obwohl es äußerst viel zu kritisieren gibt! Im Vordergrund soll der Informationscharakter stehen um einer Horde Bosse, die bereits seit Monaten gut informiert sind, nicht völlig ahnungslos entgegen zu treten. Die vorliegenden Informationen sind Stand Dezember 2014.

Das MiLoG: Die Ausnahmen

Beginnen wir mit den Löchern im Mindestlohngesetz. Diese Löcher sind so groß, dass fast alle Umgehungspraktiken hindurch passen.

Vom Mindestlohn 8,50€/ Stunde wurden ausgeschlossen:

 – Jugendliche unter 18 Jahre ohne abgeschlossene Berufsausbildung
 – Langzeitarbeitslose in den ersten 6 Monaten der Beschäftigung
    (Überprüfung in 2016)

 – Pflichtpraktika
 – Freiwillige Praktika mit einer Dauer von bis zu 3 Mon. im Rahmen
   einer Ausbildung/ Studium

 – Bis Ende 2016 gelten in Branchen mit länger laufenden
   Tarifverträgen diese auch mit Löhnen unter dem MiLo weiter

 – Freie MitarbeiterInnen
 – Werkverträge

Für SaisonarbeiterInnen in z.B. Gastro oder Landwirtschaft gilt:

 – der MiLo gilt! ABER die Befreiung von der Sozialversicherungspflicht
    wurde von 50 auf 70 Tage erhöht (befristet auf 4 Jahre)

 –  Kost und Logis können leichter verrechnet werden*

ZeitungszustellerInnen:

Die ZeitungszustellerInnen werden stufenweise an den MiLo angepasst.

    ab 2015 bekommen sie 6,38€
    ab 2016 bekommen sie 7,22€
    ab 2018 bekommen sie 8,50€

1 Euro Jobs fallen per Mindestlohngesetz nicht unter die Ausnahmen, bleiben jedoch bestehen.

Grund: Es bestehen keine Arbeitsverträge und somit keine Stundenlöhne. Der obligatorische 1€/ Std. soll eine Aufwandsentschädigung darstellen. Das Wort „Job“ wirkt hier irreführend. Diese sittenwidrig entlohnte Arbeit soll eine Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt darstellen, die obendrein von nicht wenigen Firmen als kostengünstige Alternative zu Hausmeisterservices oder ähnlichen Dienstleistungen missbraucht wird.
Ähnlich verhält es sich mit Häftlingen: Viele von ihnen Arbeiten auch im Knast, werden aber den Mindestlohn nicht erhalten.
Beides muss abgeschafft werden! Arbeit ist Arbeit und muss nach dem Aspekt der Gleichbehandlung auch gleich, also mit mind. 8,50€/ Std, entlohnt werden. Alles andere ist moderne Sklavenhaltung.

Das MiLoG: mögliche Tricks zur Umgehung

Unbezahlte Überstunden:
Auf den „arbeitgeberfreundlichen“ Webseiten werden unbezahlte Überstunden als Maßnahme genannt um den MiLo zu umgehen. So soll die Arbeitszeit verlängert und somit der Stundenlohn gesenkt werden. Dies ist illegal. Jede Arbeitsstunde muss mit 8,50€ vergütet werden oder in Form von Freizeitausgleich gewährt werden.

Des Weiteren besteht laut §17 MiLoG die Aufzeichnungspflicht. Das bedeutet: Der Arbeitgeber muss Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit für alle Beschäftigten in den in § 2a SchwarzArbG genannten Wirtschaftsbereichen bzw. -zweigen und für alle geringfügig Beschäftigten im Sinne des § 8 SGB IV (mit Ausnahme der Beschäftigten in Privathaushalten nach § 8a SGB IV) spätestens bis zum Ablauf des siebten auf den Tag der Arbeitsleistung folgenden Kalendertages aufzeichnen und die Aufzeichnungen wenigstens zwei Jahre – beginnend ab dem für die Aufzeichnung maßgeblichen Zeitpunkt – aufbewahren. Das Kontrollorgan ist in diesem Fall der Zoll.

Ausnahme der Aufzeichnungspflicht/ gelockerte Aufzeichnungspflicht:
Ein Arbeitgeber genügt der Aufzeichnungspflicht, wenn er nur die Dauer der täglichen Arbeitszeit erfasst. Dies gilt für folgende ArbeitnehmerInnen, die für die Zustellung von Briefen, Paketen und Druckerzeugnissen, Abfallsammlung, Straßenreinigung, dem Winterdienst, Gütertransport und der Personenbeförderung zuständig sind.

Freie Mitarbeiter / (Schein)Selbstständige:
Freie MitarbeiterInnen sind vom MiLo ausgeschlossen. Der Einsatz ist für Firmen also ein legaler Weg um den MiLo nicht zahlen zu müssen.
Allerdings muss der/die freie MitarbeiterIn auch eine(r) sein. Das Umwandeln eines bereits bestehenden Arbeitsverhältnisses hin zum freien MitarbeiterIn ist nicht erlaubt.

Werkverträge:
Für Werkverträge gilt grundsätzlich dasselbe wie für freie MitarbeiterInnen. Bei einem Werkvertrag kann es sich um eine freie Mitarbeit handeln. Aber Werkverträge werden auch missbraucht. So werden Scheinwerkverträge mit fest angestellten MitarbeiterInnen geschlossen um niedrigere Löhne zahlen zu können und Sozialabgaben zu sparen.

Dem hat das Bundesarbeitsgericht (BAG, Az.: 10 AZR 282/12) ein Riegel vorgeschoben: Wenn eine Arbeitsleistung über Jahre hinweg vor Ort erbracht wird, dann handelt es sich um eine(n) MitarbeiterIn, nicht aber um einen Werkvertrag. Die Begründung im Urteil lautet, dass „in der Gesamtschau (der Sachlage) die Tätigkeit in persönlicher Abhängigkeit zu werten gewesen sei“. Weiter begründeten die Richter: „Bereits die Gestaltung des Werksvertrags lasse erkennen, dass es nicht um die Herstellung einer Sache oder die Erzielung eines Erfolgs gegangen sei, sondern um die Ausübung einer bestimmten Tätigkeit“.

Des Weiteren gilt im MiLoG §13 Haftung des Auftraggebers

„Ein Unternehmer, der einen anderen Unternehmer mit der Erbringung von Werk- oder Dienstleistungen beauftragt, haftet für die Verpflichtungen dieses Unternehmers, eines Nachunternehmers oder eines von dem Unternehmer oder einem Nachunternehmer beauftragten Verleihers zur Zahlung des Mindestlohns an Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmer nach § 1 Absatz 1 wie ein Bürge, der auf die Einrede der Vorausklage verzichtet hat. Die Haftung nach Satz 1 entfällt, wenn der Unternehmer nachweist, dass er weder positive Kenntnis noch grob fahrlässige Unkenntnis davon hatte, dass der Arbeitgeber seiner Verpflichtung zur Zahlung des Mindestlohns nicht nachkommt.“

Beschäftigung von PraktikantInnen:
Pflichtpraktika und freiwillige Praktika im Rahmen einer Ausbildung/ eines Studium mit einer Dauer von bis zu 3 Monaten sind vom Mindestlohn ausgeschlossen worden. Ein bestehendes Arbeitsverhältnis in ein entsprechendes Praktikumsverhältnis umzuwandeln ist nicht erlaubt.

Herabsenkung der Arbeitszeit:
Das bloße Herabsenken der Arbeitszeit ist an sich erlaubt, WENN

 – der/die MitarbeiterIn zugestimmt hat (Änderungsvereinbarung)
 – die Arbeitszeit wirklich gesenkt wird (sonst siehe Unbezahlte
    Überstunden)

 – der MiLo muss trotz verringerter Arbeitsstunden 8,50€ betragen

Sollte der/die MitarbeiterIn durch die Änderungsvereinbarung dem Herabsenken der Arbeitszeit nicht zustimmen, könnte der Arbeitgeber es erneut mit einer Änderungskündigung versuchen. Die Regelungen zur Änderungskündigung finden sich im Kündigungsschutzgesetz (KSchG). Die Änderungskündigung bedarf einer sozialen Rechtfertigung!

Verzichtserklärung des/der ArbeitnehmerIn
Der Mindestlohn ist unabdingbar. Daher ist eine unterschriebene Verzichtserklärung des/der ArbeitnehmerIn ungültig. Der Arbeitgeber hat 8,50€/ Std. zu zahlen sowie die sozialversicherungspflichtigen Abgaben nachzuzahlen.

§3MiLoG lautet:

 „Vereinbarungen, die den Anspruch auf Mindestlohn unterschreiten oder seine Geltendmachung beschränken oder ausschließen, sind insoweit unwirksam. Die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer kann auf den entstandenen Anspruch nach § 1 Absatz 1 nur durch gerichtlichen Vergleich verzichten; im Übrigen ist ein Verzicht ausgeschlossen. Die Verwirkung des Anspruchs ist ausgeschlossen.“

Vormals MinijobberInnen, zukünftig ArbeitnehmerInnen in der Gleitzone:

 –  auch für MinijobberInnen gilt der Mindestlohn
 –  MinijobberInnen erhalten monatlich max. 450€
 –  brutto = netto
 –  Steuern und Abgaben sind allein vom Arbeitgeber zu tragen
 –  ab 01.01.2015 bei MinijobberInnen zu beachten: Es gilt laut
    MiLoG§17 arbeitgeberseitig die Aufzeichnungspflicht; Beginn, Ende
    und Dauer der täglichen Arbeitszeit müssen erfasst werden.

Das bedeutet:
Für Arbeitgeber könnte es finanziell interessant sein aus einem/r MinijobberIn eine(n) MitarbeiterIn in der Gleitzone zu machen. MitarbeiterInnen in der Gleitzone dürfen max. 850€ verdienen und haben arbeitnehmeranteilige sozialversicherungspflichtige Abgaben. Dies kann zu Ersparnissen auf Seiten des Arbeitgebers führen.
Ob dies ein praktikables Modell wird ist fraglich und muss die Zukunft zeigen. Zum „Problem“ für den Arbeitgeber könnte z.B. der durch die Umwandlung aufgetretene fehlende flexible Einsatz der MitarbeiterInnen werden.

Was ist mit RentnerInnen, die sich etwas zu ihrer Rente dazu verdienen (müssen)?
Der Mindestlohn ist an kein Alter gebunden. Auch RentnerInnen müssen mit 8,50€/ Std. vergütet werden.

Geringere Vergütung des Bereitschaftsdienstes und der Rufbereitschaft:

Definitionen:
Bereitschaftsdienst

 – zählt zur Arbeitszeit (Arbeitszeitgesetz)
 – ArbeitnehmerIn hält sich außerhalb seiner Arbeitszeit an einem vom 
   Arbeitgeber angewiesenen Ort auf um auf Anweisung unverzüglich
   die Tätigkeit aufnehmen zu können ⇒ somit ist der Aufenthalt
   beschränkt mit der Weisung sofort tätig zu werden

Definitionen: Rufbereitschaft

 – zählt nicht zur Arbeitszeit (i.S.d. Arbeitszeitgesetzes)
 – ArbeitnehmerIn muss sich nicht an einem vorbestimmten Ort
   aufhalten

 – ArbeitnehmerIn muss i.d.R. telefonisch erreichbar sein und in einer
   bestimmten Zeit die Tätigkeit aufnehmen

! Es ist wahrscheinlich, dass mit Einführung des Mindestlohns der Bereitschaftsdienst ebenfalls mit mind. 8,50€ bezahlt werden muss – endgültig geklärt ist es nicht.
Noch unklarer ist im Moment die Vergütung der Rufbereitschaft. Da diese nicht mal im Sinne des Arbeitszeitgesetzes ist, ist eine Entlohnung von mind. 8,50€/ Std. unwahrscheinlich.

Wichtig für die Pflegebranche:
Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg hat für die Pflegearbeitsbedingungen­verordnung (PflegeArbbV) entschieden, dass der Bereitschaftsdienst uneingeschränkt mit dem Mindestentgelt zu entlohnen ist.

§2 PflegeArbbV unterscheidet nicht nach Art der Tätigkeit. Somit ist in der Bereitschaftszeit dasselbe Entgelt wie in der Vollarbeitszeit zu zahlen. Dieser Auffassung ist auch das BAG.
Dies kann bis auf weitere Rechtsprechung auch auf den Mindestlohn angewandt werden.
LAG Baden-Württemberg (Urt. v. 28.11.2012 – 4 Sa 48/12)
BAG (Urt. v. 19.11.2014 – 5 AZR 1101/12)

Stücklohn/ Akkordarbeit:
Definitiv regelt das MiLoG die Akkordarbeit bzw. die Vergütung zum Stücklohn nicht.
Der/die ArbeiternehmerIn und der Arbeitgeber können weiterhin fixe und variable Vergütungen vereinbaren. Aber aus §1 MiLoG ergibt sich, dass der/ die ArbeitnehmerIn durch normale Arbeit eine Vergütung von durchschnittlich 8,50€/ Stunde erlangen muss.
Da auch die Akkordarbeit und der Stücklohn nicht unter die Ausnahmen fallen ist davon auszugehen, dass der/die ArbeitnehmerIn Anspruch auf einen Lohn von mind. 8,50€/ Std. hat.

Anrechnung von Sonn- und Feiertagszuschlägen:
Sonn- und Feiertage sind nicht zuschlagspflichtig. Wurde aber in der Vergangenheit regelmäßig ein Zuschlag gezahlt, so dass eine betriebliche Übung entstanden ist, oder besteht eine Vereinbarung, so muss der Zuschlag auch ab dem 01.01.2015 weiter gezahlt werden. Sprich, Stundenlohn von mind. 8,50€ + Zuschlag.

Anrechnung von Nachtzuschlägen:
Das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) sieht für Nachtarbeit ausdrücklich einen finanziellen Zuschlag vor.
Allgemein von 23 – 6 Uhr (§ 6 Abs. 5 ArbZG)
In Bäckereien 22 – 5 Uhr ((§ 2 Abs. 3 ArbZG)

Die Höhe des Zuschlags ist undefiniert und daher von den Arbeitgebern willkürlich wählbar. Das 25% vom Stundenlohn gezahlt werden müssen ist nicht korrekt, sondern nur eine Faustformel.

Anrechnung von Erschwerniszuschlägen:
Auch zu den Erschwerniszuschlägen gibt es keine genaue gesetzliche Definition. Jedoch kann aufgrund des Wesens dieser Zulage davon ausgegangen werden, dass sie nicht an den Mindestlohn angerechnet wird.

Trinkgeld:
Das Trinkgeld ist keine Entlohnung durch den Arbeitgeber. Aufgrund dessen dürfte es keine Anrechnung auf den Mindestlohn finden.

Minderung des Mindestlohns durch steuerfreie Sachbezüge:
Der Arbeitgeber hat das Recht, und hat es auch mit dem MiLoG, dem/ der ArbeitnehmerIn steuer- und abgabenfreie Sachbezüge zu gewährleisten. Die monatliche Obergrenze liegt bei 44€/Monat. Man kennt das durch die Vergabe von Gutscheinen. Diese sind für den Arbeitgeber steuerlich absetzbar. Diese steuer- und abgabenfreien Sachbezüge können an den MiLo angerechnet werden.

Entlohnung schwerbehinderter Menschen und Menschen in Behindertenwerkstätten:
Es ist kaum zu fassen, aber es gibt tatsächlich Arbeitgeber mit der Idee den Mindestlohn unter Einsatz schwerbehinderter Menschen zu umgehen.
Zu vergüten ist: mind. 8,50€/Std – und keinen Cent weniger!
Stand jetzt ist davon auszugehen, dass auch Menschen, die in Behindertenwerkstätten tätig sind, nach dem Mindestlohngesetz vergütet werden müssen. Gesetzlich ungeklärt ist es, wenn eine medizinische und/oder therapeutische Maßnahme im Vordergrund steht. Bitte hierzu §138 SGB IX Abs. 1 bis 3 beachten.

Für uns versteht es sich von selbst – jedoch ist zu befürchten, dass man einigen immer wieder gebetsmühlenartig vorpredigen muss: „Der Mindestlohn muss unabhängig von der Qualifikation, den Sprachkenntnissen, der Herkunft, des Behindertengrades oder sonstigen Merkmalen, gezahlt werden.“

Weitere wichtige Informationen zum Mindestlohn unter:

* http://www.etl-rechtsanwaelte.de/aktuelles/gesetz-zur-staerkung-der-tarifautonomie-mindestlohngesetz-haeufige-fragen-faq

Das MiLoG: Strafen bei Verstößen
Der/die ArbeitnehmerIn kann die Differenz zwischen gezahlten Lohn und Mindestlohn einklagen. Der Arbeitgeber muss die Sozialabgaben nachzahlen. Die Sozialversicherer werden dabei immer vom Mindestlohn ausgehen. Die Bußgelder sind hoch. So können Bußgelder bis zu 500.000€ verhängt werden.
Die Formel zur Berechnung wird wie folgt angegeben: x2 + 30%
Bei nachgewiesenem Vorsatz wird die Summe der Geldbuße verdoppelt. Welche Geldbußen tatsächlich verhängt werden, wird die Zukunft zeigen.

Was ist zu befürchten?
Bereits vor der Einführung des Mindestlohns ist eine Reihe von Fällen bekannt geworden, bei denen versucht wurde, den Mindestlohn zu umgehen. Ob es sich z.B. lohnt den Mindestlohn zu zahlen, dafür aber Sonderzahlungen zu streichen, muss man im Einzelfall durchrechnen.
Der Einsatz von unbezahlten Überstunden ist durchaus zu befürchten. Auch Verstöße gegen die Aufzeichnungspflicht nach §17 MiLoG. Das kann für den Arbeitgeber allerdings teuer werden. Die gerade erst gelockerte Aufzeichnungspflicht lässt nichts Gutes ahnen, vor allem, da sie die ZustellerInnen betrifft. Hier muss nur die Dauer erfasst werden. Wenn die Dauer mit z.B. 4 Stunden angegeben wird, der Einsatz aber 5 Stunden gedauert hat, dann bekommt der/die MitarbeiterIn nur für die angegebene Dauer den Lohn. Das sieht ganz danach aus, als müssten die Gerichte wieder einmal die Fehler der Gesetzgebung korrigieren.
Ebenso denkbar ist der weitere Einsatz von Scheinwerkverträgen, Scheinselbstständigen und LeiharbeiterInnen. Der dauerhafte Einsatz von PflichtpraktikantInnen und/ oder Langzeitarbeitslosen kann sich ein Arbeitgeber nur leisten, wenn a) die Arbeit keine besondere Qualifikation erfordert, b) der Firma der Ruf als Unterwanderer des Mindestlohns egal ist und c) sich die Firma in einer Region befindet, in der eine langfristige Fluktuation verkraftet werden kann.
Es ist allgemein bekannt, dass es an den Kontrollen zur Einhaltung des MiLoG mangeln wird. Hinzu kommt event. die Angst vor dem Arbeitsplatzverlust der MitarbeiterInnen. Dies ergibt eine Kombination, die der Unterwanderung des Mindestlohns die Tore öffnet. Viele Punkte sind im Mindestlohngesetz nicht eindeutig definiert. Hier muss der Gesetzgeber entweder nachbessern, oder es wird vor Gericht entschieden. Es ist denkbar, dass es Arbeitgeber geben wird, die sich diese Lücken nach ihrer eigenen Auffassung und zu Ungunsten des/der ArbeitnehmerIn auslegen bis es eine eindeutige Regelung gibt oder sie erwischt werden.

Quellen:

http://www.etl-rechtsanwaelte.de/stichworte/arbeitsrecht/strategien-zur-umgehung-des-mindestlohngesetzes
http://www.mindest-lohn.org/gesetz/haftung.html
http://www.gesetze-im-internet.de/bundesrecht/milog/gesamt.pdf
http://www.stb-bosbach.net/Aktuelles/Mindestlohn-Aufzeichnungspflichten
http://spendit.de/aktuelles/mindestlohn/

Stand: Dezember 2014

Initiative: „€8,50? Das ist ja wohl das Mindeste!“

Liebe ALLE,

ab dem 1. Januar 2015 ist der Mindestlohn von 8,50€ Gesetz. Dass das viel zu wenig ist, liegt auf der Hand. Dennoch weigern sich unzählige Arbeitgeber in ganz Deutschland diesen zu zahlen, finden Möglichkeiten dafür anderes zu kürzen oder haben Tarifverträge, die auch diesen Minimallohn unterlaufen. Die üblichen miesen Tricks, Hintertürchen und Ausnahmeregelungen halt. Dieser Mindeststandard gilt jedoch für alle  – unabhängig vom Aufenthaltsstatus, oder ob man in einer sogenannten Behinderten-Werkstatt arbeitet.IWW-Logo

8,50? Das ist ja wohl das Mindeste!

Die Initiative „8,50? Das ist ja wohl das Mindeste!“ der
Basisgwerkschaft IWW in Kassel ist ein Anlaufpunkt für alle, die um ihren Mindestlohn betrogen werden. Sie ist ein Sprachrohr, um all diejenigen aufzuzeigen, die Lohnraub betreiben. Denn wer sogar diese bescheidene Summe unterläuft, gehört in die Öffentlichkeit gezerrt. Sie ist eine Bildungsmöglichkeit, für alle, die lernen möchten, wie sie sich mit ihren KollegInnen zusammen tun können, um ihre Interessen durchzusetzen.

Weigert sich auch dein Arbeitgeber, dir die 8,50€ zu zahlen? Oder weißt du, wo das der Fall ist? Meld dich bei uns, damit wir gemeinsam mit dir dafür sorgen können, dass das nicht so bleibt!

Jede Arbeit verdient mehr als den Mindestlohn!

Komm vorbei, mach mit, denk mit, kämpf mit!
Mittwoch 17. Dezember – 19 Uhr
Rothe Ecke
Naumburgerstr. 20a – Rothenditmold
Facebook

Wobbly-Cafe: Arbeiten und Organisieren im Pflegebereich und Care-Sektor

cropped-Wobblies-Kassel-Alternativ-1.jpg

Arbeiten und Organisieren im Pflegebereich und Care-Sektor

Sie leisten gesellschaftlich überaus wichtige Aufgaben, kümmern sich, heilen, pflegen und dennoch erfahren sie immer weniger Respekt und Anerkennung. Steigender Druck durch Zeitmangel und zu wenig Personal, befristete Verträge, Teilzeit-beschäftigung führen zu Burn-Out, Depressionen und rauben die Kraft weiter zu machen. Ob persönliche Assistenz, Alten- oder Krankenpflege. Sie alle sind betroffen von Privatisierung und der Unterwerfung der Gesundheit unter die Logik der Effizienzsteigerung für Profit und Gewinnmaximierung. Und das betrifft nicht nur die Menschen, die in diesen zentralen Bereichen arbeiten, sondern es wirkt sich auch negativ auf die Qualität der Pflege aus.

Wir möchten einen Blick auf die ganz konkreten, oft skandalösen Arbeitsbedingungen in der Pflege werfen. Kolleginnen und Kollegen berichten über ihre Erfahrungen in Gesundheits- oder Pflegeeinrichtungen und zeigen auf wie gewerkschaftliche Organisierung am Arbeitsplatz aussehen kann. Wie können die Missstände durch gemeinsames Handeln verbessert werden? Was für Versuche gibt es, sich zusammenzuschließen und erfolgreich für würdige Arbeitsbedingungen und gerechte Verhältnisse zu kämpfen? Wie können diese Kämpfe zusammen mit den PatientInnen/KundInnen und deren Angehörigen geführt werden? Wie können wir unsere Solidarität zeigen?

Wann? Sonntag, 30.März 2014  – 18 Uhr
Wo? Café DesAsta Arnold-Bode-Str. 6 (Moritz-/Ecke Henschelstraße IWW-Logoan der Uni Kassel)

 Wer wir sind?  Die IWW (Industrial Workers of the World) ist eine internationale Basisgewerkschaft die auf kollektives, solidarisches Handeln und Selbstorganisation statt Stellvertreterpolitik setzt. Einmal monatlich organisieren wir das Wobbly-Café‘ – eine Diskussionsveranstaltung zu wechselnden Themen aus Arbeitskämpfen.

 Fragen? wobbly-cafe [at] wobblies-kassel [dot] de

Einladung zur Auftaktveranstaltung des „Wobbly-Café“ in Kassel

Zur Auftaktveranstaltung vom „Wobbly-Café“ lädt die Basisgewerkschaft der IWW – das linke Bündnis „…ums Ganze!“ nach Kassel ein – um über die Rolle von Gewerkschaften in antikapitalistischen Bewegungen zu sprechen.

Wann? – Sonntag, 20. Oktober 2013 um 18 Uhr
Wo?  – Café Desasta (Uni Kassel  – Moritzstraße 19, 34127 Kassel)

Was ist denn eigentlich ein Wobbly?

Wobblies, das sind die Leute der Industrial Workers of the World (IWW). Eine internationale Basisgewerkschaft, die auf die Selbstorganisation der Arbeitenden setzt. Durch gemeinsames solidarisches Handeln können wir selbst unsere Interessen gegenüber den Bossen am besten erkämpfen, ohne uns von Anderen vertreten zu lassen.

Denn nur so kann in konkreten Arbeitskämpfen eine radikale und emanzipatorische Gewerkschaftsbewegung entstehen, die langfristig Macht im Kampf gegen das Kapital aufbaut.

Wenn du die Schnauze voll hast von deinem Job und deinen Arbeitsplatz verbessern möchtest, oder auch so aktiv werden willst, dann schreib uns oder komm einfach vorbei beim Wobbly-Café.

 Unsere E-Mail-adresse ist: kontakt [at] wobblies-kassel [dot] de

Bei der nächsten Veranstaltung am 24. November 2013 um 18 Uhr im Café Desasta diskutieren wir über unser Verhältnis zu anderen Gewerkschaften.

Wir freuen uns auf Euch!